Wozu eigentlich Moderation?

Magazin Training (Nr. 7/2012)
Ein Beitrag von Gert Hufnagl zum Artikel "Damit Meetings effizient, fokussiert und effektiv sind".



Wann ist es sinnvoll mit einem externen Moderator zu arbeiten?

Externe Moderation ist sinnvoll, wenn sich alle Teilnehmer voll auf die Aufgabenstellungen und Inhalte konzentrieren wollen und sich nicht um die Struktur (wie z.B. Sitzungsleitung, Rahmen, Methodik, Zeitplanung und Ergebnissicherung) kümmern müssen, bei komplexen Themenstellungen, wenn verschiedene Interessen aufeinandertreffen, bei neuen Teamzusammensetzungen oder bei der Begleitung von längerfristigen Prozessen. Die Bandbreite reicht von Arbeitsmeetings oder Projektteamsitzungen bis hin zu Teamklausuren, Vernetzungstreffen oder mehrtägigen Arbeitsklausuren, z.B. zur Erarbeitung von Leitbildern, Jahreszielen, Strategien, Planungen oder der Aufgabenorganisation und Schnittstellenklärung.
Inhaltlich ist dabei alles möglich, v.a. da der Moderator ja kein inhaltlicher Experte sein muss, sondern sich um den Prozess, die Arbeitsmethoden, die Einbindung aller Beteiligten und v.a. die Zielorientierung kümmert. Moderation bietet Unterstützung, um Dinge auf den Boden zu bringen.
Spezielle Themenstellungen, die weniger von der inhaltlichen Ausrichtung der Organisation bestimmt sind, können Kick off-Meetings neuer Teams oder Projektgruppen, Konfliktsituationen in Teams, Evaluierungen, Close down-Meetings oder die Entwicklung eines gemeinsamen Arbeitsverständnisses (Charta) sowie das Treffen nachhaltiger Vereinbarungen sein. Die Grenze zur Teamentwicklung, zum Teamtraining oder Teamcoaching ist hier oft fließend.


Welche Aufgaben übernimmt die Moderation?

Der Moderator ist im wesentlichen für drei Dinge verantwortlich:
die Zielorientierung, die Arbeitsmethodik und den Prozess.
Die Verantwortung für die Arbeitsergebnisse liegt bei der Gruppe und den einzelnen Teilnehmer*innen. Die Zielorientierung beginnt bei der Auftragsklärung und der genauen Definition der Ziele und Inhalte mit dem Auftraggeber. Nur wenn diese klar sind, können sie in der Folge an alle Beteiligte kommuniziert, die Umsetzung methodisch geplant und in der Sitzung konsequent verfolgt werden. Oft sind es auch die versteckten, nicht sofort kommunizierten Zielsetzungen, die es bei einem Auftragsgespräch zu klären gilt.
Die Arbeitsmethodik hängt stark vom Setting (Gruppengröße, Zeitrahmen, Ort, gewohnte Arbeitskultur, Thema etc.) ab. Ziel ist ein angenehmes, produktives Arbeiten durch Methodenvielfalt, Visualisierungen, Auflockerungen und Humor zu ermöglichen. Dabei hilft das Arbeiten mit Hirn, Herz und Hand – also auf kognitiver, affektiver und psychomotorischer Ebene. Anstatt sich auf das Moderieren stundenlanger Diskussionen zu beschränken, sollen Methoden eingesetzt werden, die für einen Wechsel der Gruppengrößen (Paare, Triaden, Kleingruppen), der Arbeitsmaterialien und mitunter des Raums (Indoor/Outdoor) sorgen und ein kreatives Arbeiten fördern. Formulierungsansätze für Ziele können zu dritt oder in Kleingruppen gewonnen werden, erste Schritte eines Jahresrückblicks (Evaluierung) auch beim Spazierengehen zu zweit erfolgen.
Eine Sitzung gestaltet sich oft anders, als ursprünglich geplant. Daher ist es wichtig, den Prozess zu beobachten und entsprechend darauf zu reagieren. Dies erfordert vom Moderator ein hohes Maß an Aufmerksamkeit, Flexibilität und ad hoc abrufbarer Methoden. Der Moderator muss die Gruppendynamik beobachten und ggf. darauf reagieren. Denn wenn gruppenbezogene Themen ein inhaltliches Arbeiten verhindern, müssen diese zuerst bearbeitet werden, um anschließend wieder inhaltliche Fortschritte machen zu können.


Welches sind die größten Schwierigkeiten für den Moderator / die Moderatorin und worauf muss er/sie besonders achten?

  • Fehlende oder ungenaue Zielvereinbarungen mit dem Auftraggeber.
  • Versteckte Ziele von Gruppenmitgliedern: 
oft trifft es auf die formalen Leitungspersonen (Geschäftsführung, AbteilungsleiterIn etc.) zu, das diese ihr eigenes Ziel verfolgen, und die gemeinsame Sitzung quasi als Alibi vorschieben. Der Moderator läuft so in eine Situation, auf die er nicht vorbereitet ist. Daher ist es wichtig in den Vorgesprächen sehr hellhörig bzgl. versteckter Ziele zu sein und die Ausgangslage bzw. Vorgeschichte zu erfragen und ggf. nachzubohren.
  • Moderationen als versteckte Trainingsmaßnahmen: 
immer wieder erleben ich Situationen, in denen unklar ist, ob es sich noch um eine Moderation oder bereits eine Trainingsmaßnahme (meist Teamentwicklung) handelt.
  • Das Ziel aus den Augen zu verlieren und eine Sitzung ohne jegliches (Teil)ergebnis zu beenden:
 auch wenn der Zeitplan gesprengt wird und das Gesamtziel nicht mehr erreicht werden kann, ist es wichtig a) ein Teilergebnis zu erreichen und b) zu vereinbaren, wie es mit den restlichen Themen weitergeht. Das beinhaltet natürlich auch das klassische „Wer macht Was bis Wann“.
  • Mangelnde Bereitschaft der Gruppe an den inhaltlichen Fragestellungen zu arbeiten:
 weil z.B. gruppenbezogene Themen, Konflikte, unklare Bedürfnisse und persönliche Befindlichkeiten im Vordergrund stehen.
  • Mangelnde Verbindlichkeit:
 die Sitzungsteilnehmer vereinbaren Ziele und Arbeitsschritte aber ohne Zeitplan und Verantwortlichkeiten. Oft werden diese Vorhaben dann nicht in die Praxis umgesetzt, weil sich niemand dafür verantwortlich fühlt.
  • Beratung statt Moderation:
 die Aufgabe und Vorbereitung des Moderators ist eine andere, als die eines Beraters. Sollte gleichzeitig zur Moderation inhaltliche Beratung gewünscht sein, sollte das im Auftrag abgesprochen und klar voneinander abgegrenzt werden.
  • Verlassen der neutralen Position:
 der Moderator ist grundlegend neutral und verfolgt keine Eigeninteressen in Verbindung mit der Gruppe, den Inhalten und Zielen. Das Verlassen der neutralen Position wird schnell von der Gruppe wahrgenommen. V.a. wenn der Moderator sich klar auf die Seite der Führungskraft schlägt und somit als Vertreter der Hierarchie wahrgenommen wird.
  • Stillstand in der Gruppe: hier helfen handlungsorientierte und aktivierenden Methoden sowie der Wechsel von Kleingruppe, Großgruppe und Einzelarbeit, Reflexionen von Zwischenergebnissen. Den Stillstand zu benennen ist oft eine heikle Angelegenheit, macht in der Regel die Situation aber bearbeitbar, und es wird klarer, welche hemmenden Faktoren zu erkennen sind.


Wie werden die Kosten für eine Moderation berechnet?

Dies ist sehr unterschiedlich, z.B. ob es sich um die regelmäßige Begleitung einer Gruppe handelt oder eine einmalige Sitzung oder Klausur. Üblicherweise wird in Tagsätzen oder Halbtagessätzen abgerechnet, wobei bei einzelnen Halbtagen 75% eines Tagsatzes verrechnet werden. Die tatsächlichen Kosten sind also je nach Vor- und Nachbereitungsaufwand abweichend und werden individuell vereinbart.